13.11.13

Berlin: Großer Erfolg der Initiative Rin.da



Gespanntes Zuhören in Berlin
Für viele Tierärztinnen seit Jahren ein Thema, aber noch nie so kompakt thematisiert: Der Workshop „Rindermedizin wird weiblich- Zukunftsmodelle für Frauen in der Nutztierpraxis“ auf dem diesjährigen DVG Vet-Congress in Berlin






Prof. K. Müller (alle Fotos: C. Lauer)
Ausgerichtet wurde das Seminar von der Initiative „Rin.da!- Frauen in die Rindermedizin“, die vor kurzem von Univ.-Prof. Kerstin Müller (Klinik für Klauentiere, FU Berlin) und Dr. Marion Tischer
(vet-consult, Berlin) gegründet worden ist. Die Veranstaltung stieß auf reges Interesse: Die Teilnehmerzahl überstieg alle Erwartungen.

 

Interessante Biographien


Dr. M. Tischer
Der Workshop war nicht nur vom Inhalt, sondern auch vom Aufbau her ein echtes Novum gegenüber den sonst auf Tierärztetagungen üblichen Veranstaltungen.
Die Veranstalterinnen, die auch mit eigenen Beiträgen zum Erfolg des Abends beitrugen, hatten noch fünf weitere Kolleginnen als Vortragende gewinnen können.
Das Besondere an allen Beiträgen war: Es darum, den anwesenden Kolleginnen (und Kollegen) durch die Beschreibung des eigenen beruflichen Werdegangs Wege und Zugänge zur kurativen Rinderpraxis, aber auch zu anderen „Rinder- bezogenen“ Tätigkeiten, aufzuzeigen. Das Problemfeld „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist hierbei der zentrale Dreh- und Angelpunkt, dies wurde nicht nur in den Vorträgen, sondern auch in den Diskussionsbeiträgen der TeilnehmerInnen sehr deutlich.


Große Vielfalt

Dr. D. Hobel-Meiners
Die Berufsfelder der Referentinnen waren breit gestreut, so dass auch die zahlreichen Studentinnen unter den Zuhörern einen guten Eindruck davon bekamen, welche Möglichkeiten sich für buiatrisch interessierte Kolleginnen auch außerhalb der kurativen Praxis bieten.
Neben Frau Dr. Hobel- Meiners, die in Brandenburg eine eigene Praxis betreibt, sprach Frau Dr. Schell, die als Amtstierärztin tätig ist, über ihren Werdegang.
Dr. M. Schell
Frau Dr. Bergmann und Frau Dr. Exner, die bei den Firmen Bayer und Boehringer Ingelheim jeweils für die Produktsparte Rind verantwortlich sind, zeigten, wie sich nach dem Einstieg in die Praxis eine Laufbahn in der Industrie entwickeln kann. Frau Univ.- Prof. Müller gab einen Einblick in ihre akademische Karriere, und Frau Dr. Tischer erzählte, wie sie dazu kam, ihre selbständige Tätigkeit ganz in den Dienst von Fortbildung und Wissensvermittlung in Sachen Rindermedizin zu stellen.


Fakten als Diskussionsgrundlage

Dr. C. Lauer
Mit harten Fakten wartete Frau Dr. Lauer auf, die sich  nach Studium und Promotion als Praxismarketing- Beraterin für Tierärzte selbständig gemacht hat. Sie hatte für die Veranstaltung Statistiken aufgearbeitet, die sowohl Auskunft über die Einkommenssituation der deutschen Tierärzteschaft, als auch über die Geschlechterverteilung in den einzelnen Sparten des Berufsstandes gaben.
Hierbei wurde deutlich, dass unter den Studierenden zwar die Frauen mit 90% die ganz überwiegende Mehrheit ausmachen, im späteren Berufsleben jedoch der Frauenanteil in den einzelnen Berufszweigen häufig deutlich niedriger ist. Besonders auffallen tut dies im Hinblick auf den Frauenanteil unter den Praxisinhabern und unter den Nutztierpraktikern.
In der Gruppe der nicht tierärztlich tätigen Kollegen steigt der Frauenanteil stetig an.
Dr. P. Bergmann
Die  Einkommenssituation der deutschen Tierärzte ist alles andere als rosig: Nach einer Studie aus dem Jahr 2007 [Anne Becher: Können Assistenten angemessen bezahlt werden?] hatten über 70% der Praxisinhaber keinen ausreichenden Umsatz, um sich selbst einen angemessenen Unternehmerlohn auszahlen zu können. Kein Wunder also, dass es da um die Assistentenentlohnung auch schlecht bestellt ist und häufig nicht das vom BPT empfohlene Gehalt gezahlt wird bzw. werden kann.


Neue Konzepte müssen entwickelt werden

Dr. U. Exner
Finanzielle Aspekte werden für Tierärztinnen besonders dann ein zentrales Thema, wenn sie Kinder bekommen und deren Betreuung während ihrer Arbeit organisieren müssen. Sobald keine Familienangehörigen einspringen können, brauchen sowohl Praxisinhaberinnen als auch Assistentinnen genügend Geld, um eine qualifizierte Kinderbetreuung bezahlen zu können. Wer eine eigene Praxis hat, kann sich Zeit mit der Familie nur durch die Bezahlung von Angestellten „erkaufen“, für angestellte Tierärztinnen sind auch Teilzeitbeschäftigungen eine Möglichkeit. Alle Beteiligten waren sich einig, dass hier in erster Linie die Praxisinhaber gefragt sind, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen, es ist wünschenswert, dass sie hierbei durch die berufsständischen Organisationen unterstützt werden. Es müssen aber auch dringend tragfähige Konzepte, die für Tierärztinnen mit eigener (Nutztier-)Praxis die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, entwickelt werden.
Eine Chance bietet sich hier mit dem Strukturwandel in Landwirtschaft und Nutztierpraxis: Die integrierte Bestandsbetreuung macht den Praxisalltag deutlich planbarer und bietet damit auch neue Chancen für Rindertierärztinnen mit Familie.

Kein reines Frauenthema

Zwei wichtige Anmerkungen kamen zum Schluss noch aus dem Kreis der Teilnehmer:
  1. Die Initiative sollte auf das gesamte Spektrum der Nutztierpraxis ausgeweitet werden
  2. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur ein Problem für Frauen, sondern wird immer mehr auch gerade für junge männliche Kollegen zu einem wichtigen Thema. Daher sollte es zu einem Anliegen für die gesamte Tierärzteschaft werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Veranstaltung nicht nur ein voller Erfolg war, sondern auch das Zeug dazu hat, grundlegende Veränderungen in den Arbeitsstrukturen der Tierärzteschaft anzustoßen.Eine weiteres Seminar zum gleichen Thema wird auf dem Leipziger Tierärztekongress stattfinden. Man darf gespannt sein, wie sich „Rin.da“ weiterentwickelt.

Autorin: Teilnehmerin Esther von Lom

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