Der bpt-Kongress in Hannover findet alle zwei Jahre parallel zur Eurotier statt. Naheliegend, dass Nutztiere und Berufspolitik Kernthemen des Kongresses sind. Drei Gesetzänderungen stehen an – nicht unbedingt zur Zufriedenheit der Tierärzte.
Derzeit stehen Arzneimittelgesetz, Tierschutzgesetz und Tiergesundheitsgesetz im Gesetzgebungsverfahren bzw. vor einer Neuordnung.
Das Tiergesundheitsgesetz wird im Prinzip das Tierseuchengesetzablösen. Wichtigste Neuerung: Die EU will weg von der Nicht-Impf-Politik hin zur Impfung im Seuchenfall. Konkret bedeutet das, dass bei Ausbruch gravierender Tierseuchen wie der Schweinepest oder der Maul-und-Klauen-Seuche zukünftig geimpft werden kann. Das haben die Tierärzte schon lange gefordert. Bisher wurde “gekeult” – es wurden also Millionen Tiere getötet und “entsorgt”. Geimpfte Tiere durften bislang nicht vermarktet werden. Dies galt insbesondere für den internationalen Handel.
Zum Thema Arzneimittelgesetz (AMG) gibt es derzeit zwei interessante Diskussionen:
- Die Tierärzte – so Dr. Hans-Joachim Götz, Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte – setzen “weniger auf Regulierung als auf Monitoring in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und dem Bauernverband”. Das ist auch unter Tierärzten nicht unumstritten. Manche sehen eine “gefährliche Nähe zur Agrarindustrie” anstatt unabhängiger Kontrollen durch den Staat. Götz hält dies gegenwärtig allerdings für die einzig praktikable Lösung, da Kontrollen durch den Staat aus organisatorischen und finanziellen Gründen nicht in absehbarer Zeit umsetzbar sein dürften.

Podiumsdiskussion
auf dem bpt-Kongress: Politiker aller Couleur äußern sich zu aktuellen
Fragenstellungen rund um Tier- und Verbraucherschutz.
Das Thema “Dispensierrecht” ist nach wie vor am Gären. Das Europäische Parlament entscheidet am 10. Dezember, ob das Dispensierrecht von EU-Seite her Bestand haben wird (Rosbach-Bericht). Dies hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf uns – wird jedoch als weiterer Baustein gesehen, das Privileg deutscher Tierärzte Medikamente verkaufen zu dürfen, zu Fall zu bringen. Es bleibt zu hoffen, dass die Kollegen die Zeichen der Zeit erkennen und daran arbeiten, den Antibiotika-Einsatz von derzeit über 1700 Tonnen antibiotisch wirksamer Substanzen jährlich deutlich zu senken… Der Wille dazu scheint manchmal zu fehlen. Politiker, die nebenbei Landwirte sind, sagen, sie “hätten bislang jedes Antibiotikum widerspruchslos bekommen”.
Ein trauriges Kapitel ist die Novellierung des Tierschutzgesetzes. Zunächst sah es danach aus, als ob wichtige Neuerungen zügig umgesetzt werden würden. Themen waren die Umsetzung der Versuchstier-Richtlinie, das Qualzuchtverbot, der Verbot des Schenkelbrandes, Schlachtung und Ergänzungen bezüglich der gesetzlichen Regelungen zur Kaninchenhaltung. “Doch dann kamen Forderungen über Forderungen von allen Seiten”, so ein Standespolitiker. “Mittlerweile kann man nicht damit rechnen, dass die Parteien vor den Wahlen an diese heissen Eisen herangehen werden!”

bpt-Präsident
Dr. Hans-Joachim Götz im Gespräch mit dem Geschäftsführer des
Industrieverbandes für Tierarzneimittel Dr. Martin Schneidereit –
jenseits des Podiums.
Obwohl diese Themen vor allem praktizierende Tierärzte betreffen waren von den deutlich über 2200 Kongressteilnehmern nur ein klägliches Häuflein Tierärzte zu den berufspolitischen Themen gekommen. “Das kann ich nicht verstehen”, so der Friedberger Amtstierarzt Dr. Rudolf Müller. “Da müsst ihr euch doch einsetzen!” Recht hat er! Im Nachgang wurden die Themen unter den Praktikern aufgeregt diskutiert, online wie 1.o . Schade, dass gerade die Lautetesten bei den Veranstaltungen nicht anwesend waren…
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